Alles auf Anfang: Maryna Luzhanska berichtet von Ihrem Neustart in Deutschland

Vor mehr als eineinhalb Jahren floh Maryna Luzhanska gemeinsam mit ihren beiden Söhnen aus der Ukraine nach Deutschland. Ihren Mann und ihre Familie ließ sie zurück. Damals musste alles ganz schnell ge-hen, wo sie unterkommen und wie es in Deutschland für sie weitergehen würde, war ungewiss.

Heute begrüßt die 38-Jährige angehende Steuerfachangestellte Dirk Brügge, Kreisdirektor des Rhein-Kreis Neuss, Sabine Hustedt, Ge-schäftsführerin des Jobcenters Rhein-Kreis Neuss sowie den Vorsit-zenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mönchengladbach, Rainer Imkamp, im Konferenzraum ihres Ausbildungsbetriebs in Mön-chengladbach. In ihrer Heimat in Kiew hat Maryna Luzhanska zehn Jahre lang in der Verwaltung beim Finanzamt gearbeitet, hat drei Master-Diplome. In Deutschland musste sie von vorne anfangen.

Frau Luzhanska, im März 2022 kamen Sie mit Ihren beiden Söhnen nach Deutschland. Wie haben Sie die erste Zeit hier wahrgenommen?

Luzhanska: Eine ehemalige Klassenkameradin aus der Heimat hat mir eine Unterkunft bei einer spanischen Familie in Deutschland vermittelt. Die Familie sprach kein Englisch oder Ukrainisch, ich sprach kein Deutsch oder Spanisch. Die Sprachbarriere hat vieles verkompliziert, so dass mir schnell klar war, dass ich unbedingt Deutsch lernen wollte – zumal wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten, wie lange wir bleiben würden. Also habe ich mit Hilfe des Jobcenters einen Integrationskurs begonnen, seit August 2022 lebe ich mit meinen Kindern in einer eigenen Wohnung in Korschenbroich. Mein Ehemann und meine Eltern leben weiterhin in Kiew. Wir haben täglich Kontakt, aber es ist schwierig. Wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. 

 

Seit August absolvieren Sie eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten bei der WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH in Mönchengladbach. Wie kam es dazu?

Luzhanska: Auf die WWS GmbH wurde ich durch meine Bekannte Katja Kronen aufmerksam. Mit ihrer Hilfe habe mich erfolgreich für ein Praktikum beworben und dann nahm alles seinen Lauf. Gemeinsam mit der WWS haben wir ausführlich über meine Ausbildungsmöglichkeiten gesprochen und beide haben mir bei der Entscheidung sehr geholfen. In der Ukraine hatte ich über zehn Jahre Berufserfahrung in der Verwaltung, eine Tätigkeit in diesem Bereich ist für mich als Nicht-EU-Bürgerin in Deutschland jedoch nicht möglich.

 

Und wie läuft die Ausbildung?

Luzhanska: Die Ausbildung ist herausfordernd, macht aber auch viel Spaß. Ich finde es spannend, was für Unterschiede es bei den deutschen Gesetzen im Vergleich zu den ukrainischen gibt. Ich lerne jeden Tag etwas Neues. Zweimal in der Woche habe ich Schule und kann dort meine Sprachkenntnisse noch weiter ausbauen. Am meisten hilft mir dabei aber der tägliche Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen. Dadurch lernt man schnell.

 

Frau Nent, Sie sind als Assistenz der Geschäftsleitung für die WWS-Gruppe tätig und haben die Einstellung von Frau Luzhanska begleitet. Wie ist Ihre Einschätzung?

Alexandra Nent: Uns war schon während ihres Praktikums schnell klar, dass wir Frau Luzhanska unbedingt für unseren Beratungsgesellschaft gewinnen wollten. Sie hat uns von Anfang an begeistert, bringt viel Motivation und Ehrgeiz mit, was uns bei anderen Bewerberinnen und Bewerbern leider oftmals fehlt. Bei der Einstellung haben wir unter anderem Tipps rund um die Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung von der Steuerberaterkammer bekommen. 

Auch fachlich sind wir sehr zufrieden. Es ist erstaunlich, wie mühelos Frau Luzhanska sich durch die schwierigen Gesetzestexte kämpft – und das alles in einer neuen Sprache. Ihr Deutsch ist nach kurzer Zeit bereits sehr gut und wird immer besser.

 

Wie schätzen Sie die Unterstützung durch das Jobcenter ein?

Luzhanska: Die rundum gute Zusammenarbeit mit dem Jobcenter und auch der IHK hat für mich vieles vereinfacht. Mit meinem Arbeitsvermittler Herr Klein stand ich in gutem Kontakt, über Jobcenter Digital konnten wir schnell Unterlagen austauschen. Er hat mich auch zu einer Jobmesse speziell für ukrainische Geflüchtete vom Jobcenter Rhein-Kreis Neuss eingeladen, auf der ich mich über meine Möglichkeiten erkundigen konnte. Dadurch habe ich zum Beispiel die Chance auf ein zusätzliches Sprachtraining für die Berufsausbildung bekommen. Ich glaube, dass aber auch viel Eigeninitiative und Hartnäckigkeit nötig ist, um voran zu kommen. Natürlich hatte ich auch das Glück, Hilfe und Unterstützung von Menschen wie Frau Kronen oder der WWS GmbH zu bekommen.

 

Woher kommt Ihr Ehrgeiz in dieser schwierigen Lebenslage?

Luzhanska: Ich fühle mich besser, wenn ich etwas Sinnvolles tun kann. Es ist für mich wichtig, mich in schwierigen Situationen abzulenken, mich nicht in Gedanken zu verlieren, sondern nach vorne zu schauen. Deswegen arbeite ich daran, dass meine Söhne und ich uns hier in Deutschland ein neues Leben aufbauen. Beide gehen inzwischen aufs Gymnasium. Sie haben sich eingelebt, gleichaltrige Freunde gefunden und spielen im Fußball- und Basketballverein. Wir leben hier ruhiger und ländlicher als in Kiew, ich fühle mich sicherer und muss mir keine Sorgen machen, wenn meine Jungs allein unterwegs sind.

 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Luzhanska: Wir möchten in Deutschland bleiben. Wir haben bereits viel investiert und ich freue mich, dass sich die Mühe auszahlt. Für meine Söhne wünsche ich mir eine gute Ausbildung, ich selbst habe hier gute Entwicklungschancen. Sobald es möglich ist, soll auch mein Mann nachkommen. Er lernt in der Ukraine schon fleißig Deutsch in einem Onlinekurs. Er muss sich anstrengen, damit er mich einholt (lacht).

 

Das Beispiel von Maryna Luzhanska unterstreicht eindrucksvoll, wie eine gemeinsame Anstrengung von staatlichen Institutionen, Unternehmen und Einzelpersonen auch trotz vorhandener Sprachhemmnisse zu einer gelungenen Integration führen kann. Diesen Ansatz verfolgt auch der Jobturbo der Bundesregierung.

„Wir wünschen uns, dass viele Menschen dem Beispiel von Frau Luzhanska folgen können. Die erfolgreiche Integration von Geflüchteten ist nicht nur eine soziale Verpflichtung, sondern auch eine Chance für einen dynamischen und diversen Arbeitsmarkt. Dafür setzen wir verstärkt auf regelmäßige Beratungen durch die Arbeitsvermittlung sowie durch Informationsformate und -messen schon während laufender Integrationskurse“, erklärt Sabine Hustedt, Geschäftsführerin Jobcenter Rhein-Kreis Neuss.

 

Auch Dirk Brügge, Kreisdirektor des Rhein-Kreis Neuss, und Rainer Imkamp, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mönchengladbach, betonen die Wichtigkeit von Zusammenarbeit und Integrationsmaßnahmen: „Die Vielfalt der Fähigkeiten, die ukrainische Geflüchtete mitbringen, muss gezielt gefördert werden.  Das funktioniert am besten, wenn alle an einem Strang ziehen. Wir stehen in stetigem Kontakt mit Netzwerkpartnern und Trägern der Region, um geflüchtete Menschen schneller und effizienter bei Ihrem Einstieg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen.“

 

 

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